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Januar 2021

Du oder Sie? - eine Frage der Höflichkeit

Die erste Duz-Welle startete in den späten 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals galt gleichzeitig: „Traue keinem über 30“. Man duzte sich im Jugendalter sowie unter Menschen bis rd. zum 25. Lebensjahr, je nach Einschätzung. Danach gab es weitere Wellen, die aber mehr oder weniger alle versiegten.

Erst mit der fortschreitenden Digitalisierung kam eine hohe Woge dieser Kommunikationsart wieder zurück.

Was ist der Grund dafür?

Einfach gesagt: Bequemlichkeit sowie eine falsch verstandene „Coolness“ gepaart mit zunehmender Respektlosigkeit gegenüber nicht zur Familie und dem Freundeskreis gehörenden Personen.

Ein Exkurs:

Im Laufe der menschlichen Entwicklung trat ein wichtiges Wort auf die Kommunikationsbühne – „Kultur“.

Schnell wurde man sich darüber bewusst, dass Kultur nicht nur eine Worthülse ist, sondern eine Notwendigkeit um die zuvor herrschende Unkultur der Unhöflichkeit und damit dem allseits gegenwärtigen Hang zur Aggression mildern half.

Das Wort „Höflichkeit“ hat bekanntlich einen Bezug zum „Benehmen am Hofe“, also das Benehmen unter sog. „Aristokraten“. also Menschen „höheren Standes“.

Im Mittelalter bis hin zur Neuzeit pflegte man also in Europa einen ausgesprochen höflichen Umgangston. Das war in jeder Hinsicht hilfreich, weil dadurch eine Kultur der mitfühlenden Kommunikation entstand - mehr oder weniger!

Noch heute wird in den Ländern mit romanischer Sprache grundsätzlich höflicher kommuniziert, als in Ländern mit englischer Sprache und zwar verbal wie auch schriftlich.

Was ist nun in Deutschland los?

Es hat sich über die Jahre ein „cool“ gemeintes“ anglizistisches Kommunikatations-Wirr-Warr entwickelt, wie bspw.: „come in and find out“ oder „Coffee to go“, oder, noch schlimmer:
„XYZ4you“. Diese sprachlichen Entgleisungen kamen aus den Vereinigten Staaten von Amerika nach Europa und wurden insbesondere von den Mega-Konzernen wie Google, Apple und Facebook in die Gesellschaft katapultiert.

Dieser „sich nach unten“ bewegender Sprachgebrauch gipfelte in der Manie, sich „Duzen zu müssen“. Das Schlimme dabei ist: Die Unhöflichkeit in Wort und Schrift breitet sich mehr und mehr in Europa und in der Welt aus.

Aufruf zur Höflichkeit

Grenzen Sie sich vom Kommunikations-Mob ab und kommunizieren Sie höflich, wenn Ihnen die Person fremd und gleichzeitig erwachsen ist, verwenden Sie das „Sie“ in Briefen und in persönlichen  Gesprächen.
Mit Höflichkeit in Sprache und Schrift weisen Sie sich als Kulurwesen aus, das sollte doch Grund genug sein, die oben erwähnte Bequemlichkeit mindestens zu reduzieren.

Petra Constanza